Interdisziplinäre Perspektiven für das beste Gesamtbild

Unter dem Motto “Praktischer Nutzen trifft neueste wissenschaftliche Erkenntnisse” finden vom 22. bis 24. Februar 2024 wieder die Deutschen Kardiodiagnostik-Tage statt. Der Stellenwert der Bildgebung ist den Verantwortlichen zufolge so hoch wie noch nie – sei es zur Prognoseeinschätzung oder Therapieplanung, insbesondere bei den unterschiedlichen Möglichkeiten der kardiovaskulären Interventionen. Warum der Austausch der beiden bestimmenden Fachrichtungen, Kardiologie und Radiologie, gerade im Hinblick auf die Koronar-CT im Jahr 2024 so spannend wird, lesen Sie hier.

Im Interview sprechen die Vertreter beider Fachrichtungen, Prof. Dr. Matthias Gutberlet und PD Dr. Christian Lücke aus der Radiologie sowie Prof. Dr. Holger Thiele und Dr. Maximilian von Roeder aus der Kardiologie, über Schnittstellen, wichtige Themen und ihre persönlichen Kongress-Highlights.


HERZMEDIZIN / DRG: Bei den 16. Deutschen Kardiodiagnostik-Tagen vom 22. bis 24. Februar 2024 liegt der Fokus auf der koronaren Herzerkrankung, Klappenerkrankungen und in diesem Jahr auch auf Kardiomyopathien. Warum wurden diese Schwerpunkte gesetzt?

Thiele: Das sind die Hauptthemen, die wir in der kardiovaskulären Bildgebung im Alltag adressieren, und deshalb haben wir die Blockbuster natürlich auch in das Programm der 16. Kardiodiagnostik-Tage gewählt.
Gutberlet: Darüber hinaus gibt es jetzt neue Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) für Kardiomyopathien von 2023 und deswegen ist das natürlich ein ganz wichtiges Thema.

Gutberlet: Darüber hinaus gibt es jetzt neue Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) für Kardiomyopathien von 2023 und deswegen ist das natürlich ein ganz wichtiges Thema.


Welche Sitzungen widmen sich den Kardiomyopathien?

von Roeder: Es wird eine Hauptsitzung zu den aktuellen ESC-Leitlinien geben, wo wir die neuen Empfehlungen mit allen verschiedenen Bildgebungsmodalitäten besprechen. Das wird sicherlich spannend.
Lücke: Auch im Practical Teaching werden wir Kardiomyopathien behandeln und in Workshops mit den Kolleginnen und Kollegen diskutieren.

Lücke: Auch im Practical Teaching werden wir Kardiomyopathien behandeln und in Workshops mit den Kolleginnen und Kollegen diskutieren.


Aus Sicht der jeweiligen Fachdisziplin, was ist das Besondere an der Konferenz?

Thiele: Ich glaube, das Besondere ist vor allem die Interdisziplinarität – dass wir zwischen Kardiologie, Radiologie, aber auch Nuklearmedizin eine gemeinsame Veranstaltung organisieren, welche die Themen aus den verschiedenen Perspektiven der unterschiedlichen Fachgruppen beleuchtet. Es ist keine isolierte Bildgebungskonferenz einer Fachrichtung. Das ist die große Stärke.

Gutberlet: In diesem Jahr haben wir auch einen besonderen Wert darauf gelegt, dass unsere Kurse, die immer schon von der DRG als Q1- und Q2-Kurse zertifiziert worden sind, auch für die kardiologischen Kolleginnen und Kollegen von der kardiologischen Fachgesellschaft DGK für Level 1 und 2 zertifiziert werden.

Gibt es Programmpunkte, die den Austausch der Fachdisziplinen explizit fördern? Falls ja, wie nachhaltig ist der Austausch?

von Roeder: Die Programmpunkte sind so konzipiert, dass sowohl die Rednerinnen und Redner, als auch die Panels interdisziplinär besetzt sind. Darüber hinaus wollen wir viele der Hauptsitzungen fallbasiert aufziehen und Praxisfälle aus verschiedenen Blickrichtungen betrachten. Wie nachhaltig das nachher ist, hängt von den Teilnehmenden selbst ab. Wir stellen das Angebot und werben für den interdisziplinären Ansatz.

Was können Teilnehmerinnen und Teilnehmer neben den klinischen Fallbeispielen an praxisnahen Sitzungen erwarten?

von Roeder: Neben den gerade erwähnten Hauptsitzungen, in denen anhand von klinischen Fallbeispielen verschiedene bildgebende Modalitäten diskutiert werden, wird es auch in den Workshops beispielsweise zum Mapping, zur TAVI-Rekonstruktion oder zur Flussmessung an den Klappen, viele praktische Beispiele geben, die von den neuesten Studien und wissenschaftlichen Daten flankiert werden.

Lücke: Das Hands-on-Prinzip ist eine ganz wichtige Sache. Die Erkenntnisse aus den Hauptsitzungen bezüglich der neuen Leitlinien können direkt in den Workshops vertieft und mit Kolleginnen und Kollegen besprochen werden und in den Live-Cases erfährt man dann, wo die Pitfalls bei der Anwendung der Methoden liegen. So lässt sich erkennen, was die Stärken der jeweiligen Methode sind und wo Probleme auftreten können. Die Kolleginnen und Kollegen können uns sozusagen direkt in die Karten schauen und überlegen, wie sie das Vorgestellte in ihrer täglichen Routine anwenden können – sowohl die Ärztinnen und Ärzte als auch die MTR.

Welche Themen prägen das MRT- und CT-Programm?

Gutberlet: Bei der Koronar-CT zeichnet sich ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ab, dass es eine vergütete ambulante Leistung auch der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 2024 werden wird, weswegen wir die Untersuchung verstärkt im Programm abbilden. Die Themen zur Koronar-CT werden sich zum Beispiel in den Freitags-Sessions dem Spannungsfeld zwischen den Disziplinen, Kardiologie und Radiologie sowie der Niederlassung und der Rolle des Allgemeinmediziners widmen. Darüber hinaus wird unsere Honorary Lecture wie jedes Jahr eine Person ehren, die sich auf dem Gebiet der kardiovaskulären Bildgebung, hier insbesondere der Kardio-CT, sehr verdient gemacht hat: Prof. Dr. Josef Schoepf aus Charleston, USA.

Die MRT wird natürlich auch eine riesige Rolle spielen. Insbesondere für die Differenzialdiagnose ist es ein ganz wichtiges bewährtes Instrument. Deswegen haben wir auch in unserer Session “Leitsymptom Luftnot – Herzinsuffizienz” einen großen Raum für die beiden Spieler Echokardiographie und MRT geschaffen.


Wird es bezüglich des anstehenden GB-A-Beschlusses Raum für Diskussionen geben?

Thiele: Mit Sicherheit wird es einige Diskussionen zu diesem Thema geben. Unabhängig davon, wie der G-BA-Beschluss aussehen wird, muss die große Frage beantwortet werden, wie wir eine bestmögliche Patientenversorgung im klinischen Alltag organisieren. Diese Kernfrage sollten wir unabhängig von irgendwelchen politischen Interessenlagen in den Fokus rücken und dies sollte auch bei den Deutschen Kardiodiagnostik-Tagen bei den Diskussionen im Vordergrund stehen.

Auf welche Kongress-Highlights freuen Sie sich persönlich am meisten?

von Roeder: Ich freue mich ganz besonders auf die Hauptsitzung und auf die anschließende Diskussion. Wir haben mehrere Punkte zum Koronar-CT. Da das Thema prägend für die nächsten Jahre sein wird, bin ich gespannt, wie andere das sehen. Und was ich persönlich spannend finde, ist, dass wir uns noch einmal der Kardio-Onkologie widmen.

Lücke: Meine persönlichen Highlights sind die Workshops. Neue KI-Anwendungen ermöglichen es uns, zeitraubende Auswertungen zu automatisieren und somit die Fälle noch verlässlicher auszuwerten und Diagnosen noch besser zu finden.

Gutberlet: Ich freue mich besonders auf drei Sachen. Erstens, das Thema Koronar-CT bzw. die Sitzung am Freitag “Diagnose des Leitsymptoms Brustschmerz KHK” zur Versorgungssituation in Deutschland mit anschließender Diskussion. Da werden die unterschiedlichen Fachdisziplinen ihre Sichtweisen und aktuellen Erfahrungen darlegen. Das wird sicherlich hochspannend. Das zweite Highlight ist das neue Thema zur CT-FFR-Darstellung, das in einem Industriesymposium zusammen mit Plaque-Imaging behandelt wird. Und das Dritte wird auf jeden Fall die Session zu den neuen ESC-Leitlinien zu Kardiomyopathien sein, wo besprochen wird, welche Rolle die verschiedenen Bildgebungsmodalitäten aktuell und in der Zukunft spielen werden.

Thiele: Aus meiner Sicht ist alles sicherlich spannend. Die Live-Cases sind immer sehr unterhaltsam für viele Teilnehmende. Zudem haben wir mit der Kardio-Onkologie ein wichtiges Thema innerhalb der Kardiologie, bei der die Bildgebung sehr gut weiterhelfen kann. Diese Sitzung wird mit Sicherheit sehr spannend werden.

Wie würden Sie abschließend den interdisziplinären Ansatz der Konferenz einordnen?

Gutberlet: Nur gemeinsam sind wir stark.

Lücke: Die unterschiedlichen Fachgebiete und Modalitäten haben all ihre unterschiedlichen Stärken und Schwächen und nur zusammen ergibt sich daraus ein großes Gesamtbild, welches den Patientinnen und Patienten helfen kann.
von Roeder: Es gab häufig Sessions wie “Echo vs. MRT” und ich denke, das ist die falsche Sichtweise. Die richtige Sichtweise ist zu sagen, was für wen, wann und in welcher Kombination sinnvoll ist. Wie schon gesagt, das sind komplementäre Methoden, die zusammen angewandt am besten funktionieren.

Thiele: Kompetenzbasierte klinische Bildgebung – so lässt es sich gut zusammenfassen, denke ich. Nicht nur bildgebungszentriert, sondern mit dem klinischen Blick, kompetenzbasiert, wann welche Methode zum Einsatz kommt, das deckt alles am besten ab.